In mehrerer Hinsicht eine Premiere. Ich traute mich an sich nie an Schränke ran, weil das dann doch zu klobig, zu „unpassend“, und angesichts der Beschränkungen durchs Material doch nicht so naheliegend war. Weiter: gefühlt jedes Posting erzähl ich, wie viel lieber mir die Einwegpaletten sind im Gegensatz zu Europaletten – leichter, in der Regel sauberer, einfacher zu bearbeiten und einfach etwas weniger „klobig“. Nun gleich in doppelter Hinsicht also ein Bruch mit Gewohnheiten: ein Schrank, und einer aus Europaletten.
Letzteres hat einen Hintergrund aus dem Kapitel „Paletten, woher nehmen?“ Nach dem Einzug in der neuen Wohnung in Wuppertal stellte sich raus, dass im Keller noch einige alte Europaletten standen – genauer vier Stück und noch zwei undefinierbare Uralt-Einwegs. Vermieter meinte, er entsorge die dann, wir sagten nee, kann er drinlassen, uns fällt schon was ein. Das dauerte jetzt zwar, aber es fiel was ein. Ein Küchenschrank zum Kaffeemaschine draufstellen und Zeug reinräumen, und naheliegenderweise passend zum Küchen-Hängeregal aus Paletten.
Prinzip: Eine Palette, ein Stockwerk Ablagefach. Genauer: eine zwei-Drittel-Palette, weils sonst etwas zu tief würde. Dicke rote Linie im Schema: hier wurde der komplette Teil abgesägt – am Stück verwendet wurde das (weiterbearbeitete) dünn orange umrandete Teilstück. Entlang der grünen Striche wurden die Fußleisten zwischen den „Abstandhaltern“ rausgesägt. Die türkis umrandeten Abstandhalter wurden zu guter Letzt mit dem Stemmeisen rausgehebelt, die brauche wir noch. Also die nach Möglichkeit am Stück lassen – das ist recht einfach bei „Naturholz“-Abstandhaltern, aber die aus Preßspan sind gelegentlich ein Schmerz im Hintern.
Idee dahinter: jedes Schrankfach wird „doppelt hoch“. Wir brauchen dafür fünf Abstandhalter (und kriegen nur vier überflüssige pro Palette raus, das gleicht sich aber wegen der „Fußpalette“ – dem untersten Bauteil – aus, da haben wir je nach Bauweise vier bis fünf Füße über, je nach Zahl der Fächer haben wir dann sogar eine Reserve, falls es einen oder zwei Teile beim Raushebeln zerbröselt. Hier werden drei Fächer gebaut, also brauch ich insgesamt vier Paletten.
Nägel immer gleich abflexen. Ich habs mir jedenfalls zur Gewohnheit gemacht – man hebelt rum, hat nicht die Hölle Platz, whatever, und weg müssen sie eh. Wenn mans gleich macht, fällt man später nicht drauf.
Den „Verschnitt“ der Fußbretter nach Möglichkeit auch sauber raussägen und *aufheben*, auch hier brauchen wir das meiste wieder. Also die ganzen Brettstücke zwischen den Abstandhaltern. Im konkreten Fall sah da viel ziemlich schlimm aus, aber es war einmal mehr recht spannend, was an Holz rauskam. Wie immer: alles abschleifen – der Dreck muss ab, falls vorhanden, das Holz sollte rauskommen und auch glatt (zumindes glatter) sein, weil sonst ists unschön und, nebenbei, verbraucht man später Unmengen an Lack/Lasur/whatever.
Am Rande: Das schönste an den Euros sind die Abstandhalter-Teile mit den Brandzeichen, da hatte ich die ersten Schleifarbeiten gemacht und war doch sehr angetan. Da kann man sich austoben, je nachdem, was man hat und wie mans arrangiert.
Nun aber zuerst von oben anfangen. Der Schrank soll ja eine Arbeitsfläche haben. Dafür müssen wir – logischerweise an der schönsten zur Verfügung stehenden Palette – eines der oberen Bretter versetzen und ein weiteres einbauen, damits eine geschlossene Fläche gibt. Versetzen, Breite des Spalts nachmessen, weiteres Brett zusägen, einsetzen.
Jetzt fängts schon an, ein wenig kompliziert zu werden: ich will *zwei* Füße untereinander, damit die Schrankfächer ausreichend hoch werden. Weiter wollte ich nicht alles, was irgendwie aneinander muss, mit Beschlägen verschrauben. Beim ersten Probestapeln fiel auch direkt auf, dass die ganze Geschichte schlicht etwas schwer wird.
Ergo: nicht alles komplett miteinander verschrauben, ideal wäre eine Art „Stecktechnik“ für die verschiedenen Etagen. Weiter: eine Seitenwand muss ja zu. Da sollten Bretter eingesetzt werden, die wiederum irgendwie befestigt werden müssen. Zu guter Letzt: um die zusätzlichen Füße aneinander und an die nächsten Paletten-Schrankböden zu kriegen, müsste man sehr lange Schrauben nehmen, das wollte ich auch nicht. Also das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: man nimmt jeweils ein Stück Verschnitt, schleift es ab und sägt es längs durch.
Die Holzstücke kann man dann an die festen Fußteile anschrauben, weiter an diese das zweite Fußelement ebenfalls, und für die Seitenverkleidung (ich mach den Schrank nur an einer Seite ganz zu, die andere steht eh an der Wand) hat man auch schon die Befestigung. Das Stück lässt man zuletzt eine Bretthöhe überstehen, dann kann man die Palette drüber (bzw. drunter, später wird ja alles rumgedreht) quasi draufstecken.
Das passt am ehemaligen „Mittelteil“ – der jetzigen Rückseite – von Natur aus, weil die Bretter und Lücken der Paletten da exakt passen. An der Frontseite passts nicht, da muss es passend gemacht werden. Premiere: Kreissägenaction! Die hatte ich vor Monaten schon auf dem Flohmarkt eingepackt für nen Fünfzehner, wenn ich mich recht erinnere, und war jetzt recht froh dran, weil man eben die exakte Brettiefe einsenken und das Stück raussägen kann, in das der „Zapfen“ von der nächsten Etage dann rein muss.
Fleißarbeit: das macht man nun für alle „Stockwerke“, beim untersten hab ich die „Fußpalette“ fix rangeschraubt. Die doppelten Abstandhalter in der Mitte der Vorderseite jedes „Stockwerks“ habe ich dann aber doch mit rückwärtigen Metallbeschlägen angeschraubt. Hauptsache hält – das wird ja später ohnehin durch den Stand und das Gewicht stabil.
Wobei, kleiner Exkurs: es wird – Paletten-Standards sei Dank – an sich in sich gerade und stabil, nun ist aber immer der klassische Verzug drin, fehlen hier ein paar Millimeter und stehen dort ein paar über – wenn man hier den Ehrgeiz hat, alles wirklich perfekt grade und exakt aufeinander anzupassen, dann hat man mehr Arbeit. Ich vertrau da an sich immer gerne drauf, dass es grob hinhaut und man später im Zweifelsfall noch ein, zwei Beschläge anbringt oder an der einen oder anderen Stelle noch Filzgleiter dazwischenpackt oder ein Stück Holz, wenns anders nicht geht. Wie gesagt, das Ausgangsmaterial ist eine unexakte Wissenschaft, wenn man das exakt machen will, wirds anstrengend.
Bei dem Stand der Dinge hab ich dann eine Wachslasur auf Wasserbasis (verblüffte mich, dass es das gibt) ausgepackt und mich erst mal ans Streichen/Lasieren gemacht. Einmal, weil Sonntag war und leise Arbeit da auch mal OK ist, zum anderen, weils ab jetzt eher ans „zusammensetzen“ geht und je zusammengesetzter, desto blöder zum alle Ecken erwischen. Das Lasieren ist immer ein wenig eine Wundertüte. ich hatte da saubere Holzoberflächen, die dann doch irgendwie leicht gerockt aussahen, andere, die nach gar nichts aussahen und auf einmal schön gemasert waren, man kanns schlicht nicht recht im Voraus wissen. Am Rande: später wurde dann doch noch transparent-weiß drüberlasiert – als das fertige Teil dann in der Küche stand, wars uns dann doch einen Tick zu dunkel. Je nach Zustand der Paletten ists aber auch generell kein Fehler, zweimal drüberzugehen lasiertechnisch.
Türen. Da hatte ich am meisten Bammel vor, weil da dann das Material doch gern zuschlägt. Auch hier: es wurde natürlich alles etwas schief, aber in sich ist alles stimmig – deswegen nimmt man ja auch Paletten und kein Baumarktzuschnitt, da ist dann natürlich alles exakt. Ich hatte auch den Ehrgeiz, eben die rausgesägten Bretter der „Fußteile“ da vollends zu verwenden. Da je nach Breite zwei bis drei aneinander, mit zwei Latten von hinten fixiert – die Länge haut in der Regel genau hin, weil es ja exakt diese Lücken sind, auf die die Bretter ursprünglich rausgesägt wurden. Höhe hatte ich jetzt knapp über 25 cm insgesamt, damits ein wenig übersteht.
Scharniere: mehr oder weniger das billigste aus dem Baumarkt, wo ich davon ausging, dass sie es tun. Ich bin im Nachhinein zufrieden, breitere wären blöder zu verarbeiten gewesen, weil die schmalen kriegte man im Zweifelsfall auch an eine Brettschmalseite und damit wurds etwas flexibler zum genau so anschrauben, dass es nicht schief offen und/oder schief zu ist. Nun ja, nicht zu schief, jedenfalls. Ich denke, hier ist eine der Ecken, wo man auch durchaus „professionellere“ Türlösungen bauen kann/soll, wenn mans nicht ganz so „abgerockt“ mag. Am Rande: auch hier ist natürlich einiges an Schleiferei fällig geworden.
Zusammensetzen, Türen auch noch lasieren. Hinten hatte ich jetzt doch noch jeweils zwei Beschläge pro „Stockwerk“ angebracht – aber nur an das jeweils untere Element. Ich dachte erst, ich schraub das nach „Endplatzierung“ noch ganz zusammen, aber es stellte sich raus, dass es zu guter Letzt bombensicher dastand. Wackelt nichts, passt alles, also lass ichs „zerlegbar“.
Wieder auseinandernehmen, dabei hatte ich die Elemente und die eigentlichen Schrankfüße noch mit Filzgleitern ausgestattet, damits a) den Boden nicht verkratzt und b) einfach noch mal ein wenig sauberer aufeinandersteht. Hier fällt auf, dass es mit einem oder zwei „Stockwerken“ auch durchaus fein werden könnte – Beistellkommode oder -schränkchen kann man so mit Sicherheit auch eines machen.
Nun ab zur Endmontage. Alle drei Teile hochgeschleppt, zusammengesetzt und festgestellt, dass es doch einen Tick heller sein könnte und nicht ganz so zum Regal drüber passt. Also, die Kalkweiss/Birke-Lasur ausgepackt und nochmal so ein, zwei Stunden gestrichen. Aber dann war ich schwer einverstanden.
Kleinkram kommt nun noch – die Türen kriegen noch Magnete zum Schließen, und kleine Griffe, die sind aber noch nicht da. Aber ansonsten… ich bins zufrieden, trotz Schrank- und Europalettenbedenken.
Gebraucht hab ich ein langes Wochenende, ohne mir jetzt die Beine dabei auszureißen. Wenn man nicht gerade die derbe abgerockten Uralt-Euros rumliegen hat, sondern etwas einfacher herrichtbares Palettenmaterial, dann wirds auch noch mal schneller gehen. Kosten kann ich diesmal gar keine konkret ansagen, ausser den knapp 30 Euro für Scharniere, eine Dose Lasur und ein paar Filzgleiter, weil eben alles andere sonst eh rumstand/über war.
Update: Türgriffe sind da!
Weiter… die „Magnetverschlüsse“ hab ich jetzt doch nicht montiert und werds auch lassen. Wobei, genauer gesagt: wir hatten Magnetband rumliegen und ich hatte eine der Türen damit plus einem kleinen Metallwinkel zum angezogen-werden versehen, und der Effekt war vernachlässigbar. Also, man merkte, dass da nun auch noch ein Magnet war, wenn man wusste, dass da auch einer ist und wie es sich vorher ohne angefühlt hat. Ergo hab ichs weiterhin gelassen – so, wies ist, bleiben die Türen auch zu.
Hallo,
wo kann man denn die orangen boxen kaufen?
VG
Simone
Die Teuerste sagte, Xenos wars möglicherweise. Ich hatte vorhin kurz geguckt, da gibts welche in der Art, aber nicht in der Farbe. Vielleicht saisonal/fillialspezifisch.
Sau geil !!!!!!!
Einfach nur genial. Möchte auch so ein Schrank und Hängeschrank. Könnt ihr mir sagen wie insgesamt die Kosten dafür waren? Ich als Frau hab ja nicht mal Werkzeug.?. Wie lang habt ihr dafür gebraucht. So was schönes ?. Hut ab und ich liebe Menschen die noch Ideen haben!!
Tolle Idee!
Diese werde ich gleich nachbauen
Mal sehen, ob mir das auch so gelingt.
Hätte da eine Frage;
Die Abstandhalter(Klötze),wie haben sie die zusammen befestigt?
Dahinter einen kleine leiste?
Ja, die Leiste dahinter, wie auf dem Bild zu sehen. Metallbeschläge werdens auch tun, aber an die Leiste kann man auch gleich die Seitenverblendungen fixieren.