Der Ikea-Beistelltisch war nicht so das Wahre, um am Kamin Pen&Paper-Rollenspiel zu zocken, was größeres und angemesseneres musste her, und ich war erstmals konkret inspiriert: ein „schwebender Paletten-Couchtisch“ wurde bei Julena gebaut und ich dachte, jupp, das geht in die richtige Richtung.
Falsche Richtung gewesen wäre die übliche „Palette, Glasplatte/whatever drauf, Rollen drunter“-Geschichte, die man seit einiger Zeit sehr oft sieht. Bei aller Liebe zum Element, mir ist das mittlererweile zu „entfremdet“, wennschon Palette, dann halt auch durchweg das Material. Weiter: ich will Schubladen! Daher vorweg mal wieder Warnung: man sieht dem Resultat die Arbeit nicht wirklich in dem Maß an. Ohne Schubladen ist man definitiv einfacher bedient, aber hey, es ist schon geil und eine Herausforderung.
Bedarf: drei Europaletten, von denen eine im Verlauf der Geschichte derbst zerlegt wird (größtenteils für Schubladen). Eine als der eigentliche Tischplatten-Rohling, eine als Tischunterseite. Weiter: ich wollte den Tisch nur „eine Palettenhöhe“ hoch, weils mir sonst „zu dick“ würde und die Schubladen auch etwas schwer zu machen gewesen wären.
Der Tischplatten-Rohling
Legen wir los.
Ich will die Tischplatte geschlossen. Die Bretter auf den Abstandhaltern sind dermaßen gut vernagelt, das ist nicht ohne größere Schäden zu zerlegen. Also die beiden Bretter „auf Lücke“ raus, und hier gabs schon den ersten Bruch. Tja. Mit den „Fußbrettern“ der unteren Palette komm ich aber hin, die waren leichter am Stück abzubekommen. Empfehlenswert: wenig Bruch, man ist froh an jedem sauberen Stück Brett.
Alles abschleifen und die beiden Lücken füllen. Das erste Brett ist einfach, das zweite muss passend zugesägt werden, ich hatte mich an einer Stelle astlochbedingt gar etwas verkünstelt.
Tischplatten-Palette umdrehen. Hier (und später) wars ohne Kreissäge nicht zu machen. Hintergrund: ich krieg die Fußbretter nicht am Stück und ohne Bruch ab. Ich brauche aber Bretter für die Schubladen (insbesondere die Frontverblendung) mit ein wenig mehr Länge als die Lücken zwischen den Abstandhaltern.
Ergo: ich säge die Bretter per Kreissäge mit passender Schnitttiefe über den Abstandhaltern durch, idealerweise direkt neben dem ersten Nagel (damit man die Reste besser vom Abstandhalter abkriegt). Gibt viel gutes Rohmaterial für die Schubladen und die Brettreste auf den Abstandhaltern kriegt man mit dem Brecheisen gut ab. Einmal testweise die „Unterseitenpalette“ draufgelegt, passt. Die mittleren Abstandhalter dann noch abgenommen und die letzten Brettreste von den Abstandhaltern der „Tischplattenpalette“ entfernt. Nochmal, richtigrum aufeinander, gefällt.
Man sieht: die Abstandhalter sind nur noch an der „Tischplattenpalette“, die Unterseite besteht an sich nur noch aus dem Bretter-Oberbau der zweiten Palette.
Die Schubladenführung
Der Plan: der Boden der Schubladen wird knapp so breit wie die Lücken zwischen den Verbindungsbrettern der „Unterpalette“. Die Schubladen selber wiederum deutlich schmaler als die Lücken zwischen den Abstandhaltern. Der überstehende Boden wirkt als „Führungsschiene“, darüber sind Verblendungen. Diese habe ich im folgenden zu hoch gemacht – wer gleich einen Zentimeter niedriger ansetzt, spart sich Nachkorrekturen wegen verkantender Schubladen. Erstes „Führungsbrett“ befestigt links, deren mehrere (mit etwas Bruchholz-Verkünstelung) rechts.
Das ist der Anfang von viel Säge- und Schleiferei. Alle „Führungsbretter“ ggf. zusägen (wie gesagt, etwas niedriger als ich hier), abschleifen, montieren. Bei der Draufsicht des „zugeklappten“ Tischs sieht man, wo es hingehen soll. Ich hatte die vage Hoffnung, dass die entstehenden „kleinen Seitenfächer“ auch schön aussehen würden quasi „vollverkleidet“, aber im Endeffekt sieht man die hinteren Wände nicht beim fertigen Objekt.
Schubladen
Boden: nach Möglichkeit zwei der „breiten“ Palettenbretter und ein schmales. Seiten- und Rückwände muss man eh nehmen, was da ist. Front ist nochmal wichtig: hier habe ich mich insbesondere an die herausgesägten, breiten „Fußbretter“ der Paletten gehalten, weil die an den Rändern gelegentlich angeschrägt sind und das schön rund rüberkommt.
Die erste Schublade. Bodenbretter zusägen, sie sollten mit so einem Zentimeter Luft in die „Bodenpaletten“-Brettzwischenräume passen. Abschleifen. Seitenbretter anschrauben (das machte ich mit der Schubladenführung als Stütze, unten sieht mans nochmal besser). Das Frontbrett auch zusägen und ansetzen – so, wie man es hier sieht, ist noch nichts verschraubt, das passt alles ineinander.
Die fertige Schublade dann mal eingelegt und das vorhandene Schnittholz „nach Bedarf“ verteilt, und festgestellt, es reicht hinten und vorne nicht. Das war der Moment, wo ich eine weiter Palette quasi komplettzerlegte. Daneben die Überreste.
Einige der „schönen Bretter“ der zerlegten Palette waren ein ziemlicher Kraftakt. Was mir Bruch vermeiden half – neben dem vorsichtigen Hebeln mit der Brechstange: wenn man nicht die Bretter von den Abstandhaltern, sondern die Abstandhalter von den Brettern raushebelt, kann man auch bei so derbe vernageltem Material vollständige Bretter ohne Bruch kriegen. Ein gefühltes Kilo Nägel abgeflext, zugesägt und ins „Schubladen-Bedarfsschema“ eingelegt, jetzt sollten wir hinkommen.
Hier die „Montagehilfe“ in der Schubladenführung. Seitenwände reinstellen, Bodenbretter drauflegen, verschrauben, umdrehen, Rück- und Vorderseite zusägen und anbringen. Ich bin irgendwann zum „En Masse-Abschleifen“ der ganzen bereits zugeschnittenen Bretter übergegangen, eingelegt in die Palettenbretter geht das dann doch einigermaßen flott.
Das Endergebnis einmal offen und einmal zu. Wenn man wie hier jede Schublade „in ihrem Einschubfach“ montiert, empfiehlt es sich hier, Ober- und Unterseite sowie die zugehörige Schublade einzeln zu markieren, damit man nicht nachher Ober/Unterseite um 180° gedreht verschraubt oder Schubladen vertauscht und sich hinterher wundert, warums verkantet oder nicht mehr passt.
Lasieren/Leinöl-Finish und Couchtisch-Beine
Schon bei den Kerzenständern/Windlichtern bin ich zum Leinöl-Finish übergegangen, also auch hier. Wie meist wird das Holz nun nochmal komplett anders. Einmal die Tischplatte „teillasiert“, dann das komplette Arrangement.
Hier folgte noch eine Lernschleife: ich hatte vier Billigrollen für Teppich aus dem Baumarkt geholt, die schon mal montiert, und nachdem nach der Lasur alles passte, schraubte ich endlich Ober- und Unterseite zusammen. Das Ergebnis war zu niedrig.
Nachdem ich nun nicht den kompletten Tisch wieder zerlegen wollte, improvisierte ich mit vier übrigen Abstandhaltern, auf die ich erst überstehende Brettstücke schraubte, die Rollen drunter und dann am Überstand des Bretts von unten an den Tisch. Das ist natürlich suboptimal – schöner wäre, den Tisch nochmal zu zerlegen, von innen durchs Brett in die Abstandhalter reinschrauben und an die entstandenen Füße dann die Rollen.
Ich habs nun so gemacht, weil noch offen ist, ob wir irgendwann mal richtig geile, größere Räder finden zum anschrauben – der Wechsel dann würde nochmal eine Tischzerlegung bedeuten und das muss auch nicht sein. Man siehts auch nicht. Insofern: alles gut.
…Außer, dass das Ergebnis trotz aller Säge- und Schleiferei auch ohne Schubladen netto knapp zwei Paletten schwer ist und erstmal aus dem Keller hochgeschleppt werden will. Aber das Ergebnis ist durchaus versöhnend.
Fazit
Fein, ich bin zufrieden. Schwer und solide, aber prima rollbar. Aufwand netto drei Arbeitstage, denke ich – das ist natürlich etwas viel und man siehts dem Teil nicht direkt an, weil die Schubladen und die Führungen sind eben das aufwändigste. Ohne ordentlichen Bandschleifer kann ich nicht dazu raten, ich hab selten so viel geschliffen.
Obs ohne Kreissäge geht, ich weiss nicht recht, besser, es liegt eine rum. Ansonsten – für ein erstes Projekt wohl zu oversized, weils dann vielleicht doch zwischenrein sehr frustriert, wie langsam man vorankommt. Aber wenn man eine kleinere Herausforderung sucht – here you go.
Todos: Wir sind noch unentschlossen, ob wir normale Griffe an die Schubladen schrauben oder vielleicht einfach jeweils zwei Löcher bohren und eine Schlaufe aus dickem Hanfseil dranmachen. Letzteres scheint mir stilistisch passender, wenns passiert, folgen Bilder.
Update: So, nun mit dem 14er-Bohrer noch mal über die Schubladen hergefallen. Schubladengriffe! Wir hatten besagtes Hanfseil, und meine anfängliche Sorge, es werde ein furchtbares Gefriemel, hatte sich nicht bewahrheitet. Grundprinzip: stramm. Sprich, zweio Löcher in die Schubladen, Seilende von der Vorderseite rein, ein gutes Stück durchziehen und einen Knoten machen. Kann man mit den einzelnen Seilsträngen machen, die man ineinander verknotet, oder gleich einen „Anker“ reinknoten und später noch mit Kleber oder dem Tacker drüber, whatever. Dann das andere Ende durchziehen und die Schleife straff machen. Mit etwas Sicherheitsoverhead abschneiden und das andere Ende auch auf der Schubladeninnenseite verknoten. Repeat x3.
Ich wiederhol mich, aber das scheint mir fein. Man kann sich noch mit Metalleinfassungen verkünsteln, aber ich weiss nicht. Einsetzen ist zu aufwändig, wetzt das Seil durch usw., und einfach größere Unterlegscheiben mit Sekundenkleber war noch eine Überlegung, um die „Löcher“ einzufassen, aber einmal sitzt das Seil satt und brauchts an sich nichts drumrum, und auf dem leinöl-behandelten Holz kann man Sekundenkleber und ähnliches schlicht vergessen. Insofern, gut, dass es mir so auch gefällt 🙂
Very nice!
Alles Liebe
Julena
Aaahaaa – Hanfseil? *notiert*
Ich bin seit drei Wochen auf der Suche nach Griffen für meine Expedit-Apotheker-Kommode. Da ich *nochmalnachzähl* 24 Griffe benötige, waren meine Erfolge bisher gleich null … Da ich auch keine Lust habe für irgendwelche tollen Shabby-Antik-Sonstwas-Griffe einen Kredit aufzunehmen. *fg*
… warum ich nicht mal eher bei dir rumgeschaut hab … *kopfkratz*
Wegen nebenan gefragt, Quelle: wie meistens, Baumarkt ticken teurer und oft weniger Auswahl (Stärken), Online/eBay was du willst. Wir hatten hier zwei Versionen rumliegen, und eine war halt zu dick. Eher das Problem sind die Bohrer, die du brauchst, wenns eben ein stärkeres Seil ist, da bist schnell mal mehr Geld los, wenn du was willst, das 14 oder 16 mm bohrt. Ich hatte mal ein Set Flachfräsbohrer (googeln) eingepackt, kostet die Hälfte von nem „richtigen“ 16mm-Bohrer, kann halt praktisch nur Holz und neigt zum Qualmen, wenns härter wird. Tuts aber und vor allem hat man gleich ein paar Breiten für die Löcher von 10-18 mm je nach Set.
Na, was Bohrer angeht bin ich bestens ausgestattet (und wenn nicht, hab ich ja noch nen Hausmeister). Da ich erst letztes Jahr meine Küchenfronten erneuert habe, bin ich in Sachen Topfbohren bestens geschult und habe gleich ein ganzes Set an Forstner-Bohrern. *gg*
Jepp, man muss ein paar Pausen einlegen, wenns warm wird. 🙂
Aber ich hab schon wieder tausend andere Dinge gesehen, von Latex-Gießformen selbst herstellen und dann Knöppe gießen oder einfach nur schicke Griffe aus Ästen. Hat auch was. 😉 Mal schaun was es am Ende wird.
Sieht echt stark aus!
Wo gibts das Leinöl-Finish, das brauch ich auch 😀
Sieht Richtig gut aus. Das steht demnächst auch noch auf meiner Liste. 🙂
Mich würde interessieren, was du für eine Lasur benutzt hast. Die würde perfekt zu meinem Bett passen, welches sich gerade in der Mache befindet. 😉 LG
Wie irgendwo drin auch geschrieben: das ist einfach nur Leinöl. Gibts an sich im Baumarkt, manchmal etwas versteckt vielleicht, ggf. fragen. Sachte auftragen, und es riecht ein paar Tage. Ist natürlich, aber du hast halt trotzdem dann den Leinölgeruch am Möbel, und beim bett wäre ich da immer ein wenig vorsichtig.
Alles klar, danke. Im Baumarkt wurde ich zu so einer geruchslosen 2 in 1 Schutzlasur beraten. Ich probiere die einfach mal aus. Mehr als schiefgehen kann es nicht und die Paletten sind robust genug um ein paar mal das Verkehrte wieder abzuschleifen. 😀
Hallo. sieht wirklich top aus. Bin auch gerade fertig geworden mit meinem Tisch. Nun Geht mir das Finish ab.
Kannst du mir bitte sagen was genau du für ein Öl hernimmst und wie oft du es aufträgst.
daumen hoch
Wie weiter oben: das ist ein Leinölfinish. siehe hier: https://www.palettenbett.com/970/palettentisch-beistelltischcouchtisch-aus-europaletten-selber-bauen/#comment-8793„>.
würde gern das Ding kaufen ^^
Ich rate eher zum selbermachen… wenn man da Arbeitszeit und Versand ausrechnen würde, wärs meiner Ansicht nach sinnfrei.
Hallo,
sehr sehr schön!
Zwei Fragen zum Leinöl. Wurde das Holz grundiert? Oder wurde es nur geölt (nur eimal? je nach Ergebnis, bringt mehrmaliges Öleen überhaupt was?). Welches Leinöl wurde dafür verwendet. Damit kenne ich mich leider absolut nicht aus.
Besten Dank schon mal
und noch einmal, sieht genial aus!
Hoi, Corinna,
grundiert wurde nichts, einfach direkt Leinöl drauf. Ich find auf die Schnelle nur eins bei Hornbach, analog werden die anderen Baumärkte da auch ihre Hausmarken haben, ich bin aufgrund räumlicher Nähe tendenziell viel bei Hellweg 🙂
Mehrmals sollte – zumindest innen – weder notwendig noch sinnvoll sein. Das Leinöl zieht teils ein, teils härtet es von selber aus, und dann ist der Fisch an sich geputzt. Weil es ja auch einzieht (und das an sich nichts verkehrtes ist) würd ich mir da keine Grundierung drunterpacken. Grade auch wegen dem Eigengeruch würde ich das Holz auch nicht grade drin ersäufen 🙂
Was am relevantesten ist IMO: a) es dunkelt über die Zeit nach. b) man sieht Kratzer, nicht komplett abgeschliffene Verunreinigungen etc. nach dem Ölen nochmal deutlicher. Zu den ganzen Überlegungen, unterschiedlichen Effekten hatte ich hier einige Erfahrungen zu allen möglichen Lackier- und Lasiervarianten zusammengeschrieben.
Danke fürs Lob, und viel Spass am Gerät!
greetz
Richie
Der Tisch sieht schick aus, großes Lob. Ihr geht weiter oben auf die unterschiedlichen Stärken des Hanfseils ein, kommt dann aber zu den Bohrungen. Kannst du noch mal bitte sagen, welche Stärke hier verwendet wurde. Hätte jetzt schon fast bei den 30mm geschaut, scheint aber zu stark zu sein?
Danke LG
Hallo,
ich bin kürzlich umgezogen und bin dabei mich neu einzurichten. Auf Google suchte ich nach einem Couchtisch auf Rollen, minimalistisch. Ich entdeckte Ihren schwebenden Palettenntisch mit Schubladen, inspiriert von Frau J. Roth.
Leider bin ich handwerklich sehr unbegabt und möchte fragen, wieviel Sie verlangen würden um mir so einen Couchtisch zur Verfügung zu stellen. ich finde ihn nämlich sehr schön und authentisch.
Ich freue mich über eine Rückmeldung.
Danke!
Hoi, Dimi,
muss ich absagen, alles, was ich da aufrufen müsste, um einigermassen mit Zeit und Material hinzukommen, wäre unverschämt, und sobald man was für jemanden anderes macht, ist einem vieles auch nicht mehr gut genug.
Auf Dawanda könntest du Glück haben, und monoqi hatte mal palettentische in der Werbung, aber das find ich aktuell in der tat nicht mehr. Ich hörte das eine oder andere von Angeboten dort. So wirklich „verlaufsgeeignet“ scheint mir das Format per se aber nicht zu sein, schlicht, weils oft nicht „perfekt“ werden kann mit vertretbarem Aufwand und irgendwo Transport und Arbeitszeit einfach schnell nicht mehr in Relation stehen. Meine Ansicht. paletten-guru.de versuchte mal, einen Partnershop aufzuziehen, aber mein Eindruck ist, dass es an eben solchen Sachen scheiterte. Ggf. dort aber mal freundlich fragen, vielleicht hat er ein paar Kontakte, die da konkreter was anbieten, aber ich bin hier eher auf dem Vorstellen/Anregen/Anleiten-Trip.
Greetz
Richie